
Ihre Kleine Anfrage vom 09. Mai 2017
Sehr geehrter Herr Stadtverordneter Beißwenger,
Ihre Kleine Anfrage vom 09.05.2017 beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
An den Radwegen welcher Straßen wurden in letzter Zeit (seit 2015) die Verkehrszeichen Nr. 237, 240 oder 241 beseitigt und damit die
Radwegebenutzungspflicht aufgehoben?
Antwort: Bei folgenden Straßen wurde durch die Prüfung die
Radwegbenutzungspflicht aufgehoben
1. Haardtring
2. Rüdesheimer Straße
3. Hindenburgstraße
4. Berliner Allee / Groß-Gerauer-Weg
5. Dolivostraße, Alter Bahnhof, Steubenplatz
Frage 2:
An welchen weiteren Stellen ist dies ebenfalls noch vorgesehen?
Antwort:
Die Überprüfung der Benutzungspflicht für folgende Straßen steht zurzeit an
1. Kasinostraße
2. Heidelberger Straße (Fahrtrichtung Nord: Hermannstr. - Hügelstr.)
3.Otto-Röhm-Straße
4. Neckarstraße
5. Röhnring
6. Pützerstraße
7. Pfungstädter Straße
Viele weitere Radwege in Darmstadt müssen überprüft werden und es müssen Entscheidungen hinsichtlich der Benutzungspflicht getroffen werden.
Frage 3: Was hat den Magistrat zu dieser Maßnahme bewogen?
Antwort:
Kommunen sind aufgrund von Gerichtsurteilen verpflichtet in Zweifelsfällen bei Radwegen zu prüfen, ob die Anforderungen zur Anordnung der Benutzungspflicht („Blaues Schild") gegeben sind oder nicht. Wenn diese nicht erfüllt sind, muss im Rahmen der Überprüfung die Benutzungspflicht der Radwege aufgehoben
werden, d. h. die blauen Schilder müssen entfernt werden. Somit liegt dann ein
„anderer Radweg" vor. Dieser wird durch Piktogramme auf dem Radweg kenntlich gemacht.
Frage 4:
Hat es Lobby-Initiativen gegeben, mit denen die Maßnahmen vorgeschlagen wurden (z.B. ADFC oder dgl.)? Wenn ja, wurden auch andere Interessenverbände (z.B. ADAC) konsultiert?
Antwort:
Aus der Magistratsvorlage mit der Vorlage-Nr. 2012/0004, Runder Tisch Radverkehr -
Arbeitsbericht 201 1 ist ersichtlich, das sich der Runde Tisch Radverkehr mit dem Thema Radwegebenutzungspflicht beschäftigt hat und folgende Übereinkunft
getroffen hat: Überprüfung der Benutzungspflicht von Radwegen gemäß Urteil des BverwG 18.11.2010: „Übereinkunft wurde erzielt, keine systematische Überprüfung aller Benutzungspflichten an zu gehen, sondern Zug-um-Zug Einzelsituationen zu überprüfen und mit Beispielsituationen zu beginnen." Teilnehmer am Runden Tisch Radverkehr waren neben den Vertreter der Fraktionen der ADFC, ADAC, die Lokale Agenda 21, die Senioreninitiative 55pIus, das Polizeipräsidium, die Straßenverkehrsbehörde und das Straßenverkehrs- und Tiefbauamt.
Frage 5:
Welche Kosten (in Vollkostenkalkulationen) sind dadurch bereits in welchen Jahren entstanden und werden noch entstehen
Antwort:
Die Vollkosten setzen sich zusammen aus: Markierungs- und Beschilderungsarbeiten: Diese werden bei der Wissenschaftsstadt Darmstadt auf der Grundlage von ausgeschriebenen Jahresverträgen ausgeführt. Eine Zusammenstellung bezogen auf die Aufhebung von Radwegbenutzungspflichten existiert nicht. Änderungen an
Lichtsignalanlagen: Bei einigen Lichtsignalanlagen müssen aus Verkehrssicherheitsgründen die Programmierungen neu erarbeitet und umgesetzt
werden. Dabei werden häufig auch andere anstehende Korrekturen mit erledigt, so
dass die Kosten nicht alleine der neuen Radfahrerführung zugeordnet werden
können. Auch diese Kosten liegen nicht in separierter Form vor.
Eigene Personalkosten: Das
Ermitteln von Personalkosten würde eine aufgaben- und projektbezogene Zeiterfassung voraussetzen, die bei der Wissenschaftsstadt Darmstadt grundsätzlich nicht existiert.
Personalkosten für die Änderungen der Radverkehrsführung wurden und werden daher nicht gesondert erfasst.
Frage 6:
Wann und an welchen Stellen hat es in den letzten Jahren 2014 bis 2016 und bisher im Jahr 2017 nachweislich registrierte Unfälle von Radfahrerinnen und Radfahren auf mit Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichneten Radwegen gegeben und mit welchen Unfallfolgen? (Bitte Einzelauflistung mit Angabe des Sachschadens und des Schweregrades von Verletzungen.)
Antwort:
Daten von gemeldeten Unfällen sind für die Jahre 2014 und 2015 vorhanden; das Jahr 2016 ist noch nicht entsprechend aufbereitet. Vorliegende Auswertungen der
Unfalldaten beschränken sich auf sog. "Unfallpunkte": Hier werden Orte mit mind. 5 gleichartigen Unfällen an einer Stelle betrachtet, genauer untersucht und möglichst Vorschläge zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erarbeitet und umgesetzt. "Unfallpunkte" mit mind. 5 Radfahrerunfällen an einer Stelle gibt es in Darmstadt nicht.
Mit den vorhandenen Programmen können aus dem vorliegendem Datenmaterial zwar Unfälle mit Rad fahrerbeteiligung selektiert werden, eine Unterscheidung nach benutzungspflichtigen Radwegen, nach verschiedenen Formen der Radwegbeschilderung oder gar nach einzelnen Radwegstrecken ist mit den Programmen nicht möglich.Um die gewünschten Daten zu erheben, müssten jährlich ca. 5.000 Unfallmeldungen mit Verkehrsteilnehmern einzeln betrachtet werden, wofür
die vorhandenen Personalressourcen leider nicht ausreichen.
Frage 7:
Teilt der Magistrat die Auffassung, dass es schnellfahrenden Radfahrerinnen und Radfahren zumutbar ist, sich auf den Radwegen mit langsamer Fahrenden und (im Falle der Verkehrszeichen 240 und 241) auch mit Fußgängern in fairer und rücksichtsvoller Weise zu verständigen, um Unfälle zu vermeiden?
Antwort:
Nach 51 Grundregeln der Straßenverkehrsordnung heißt es, dass die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert. Weiter hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt wird. Dieser Paragraph gilt gleichermaßen für alle Verkehrsteilnehmenden und erfordert damit gleichermaßen Rücksichtnahme und Toleranz. Die Straßenverkehrsordnung weist auf das notwendige Verhalten der Fahrzeugführer hin, die Geschwindigkeit so anzupassen,
dass eine Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen werden kann.
Der Magistrat ist der Auffassung, dass ein rücksichtsvolles und vorsichtiges Verhalten gemäß Straßen Verkehrsordnung von allen Verkehrsteilnehmern verlangt werden darf.
Frage8:
Wie beurteilt der Magistrat die Unfallgefahr für Radfahrerinnen und Radfahrern, wenn diese nicht mehr zur Radwegebenutzung verpflichtet werden und statt des Radweges gemeinsam mit PKW und LKW die Straßenfahrbahn benutzen — auch im Hinblick auf den Schweregrad evtl. Unfallfolgen im Vergleich zu Unfällen auf separaten Radwegen.
Antwort:
Bei der Prüfung zur Aufhebung der Benutzungspflicht wird das Gefährdungspotential sorgfältig mit bewertet und so bleibt eine Benutzungspflicht bestehen, bzw. wird bei neuen Radwegen angeordnet, wenn ein Gefährdungspotential vorliegt. Generell ist es so, dass sich 70% der Unfälle mit Radfahren den an Kreuzungen, Einmündungen
und Zufahrten konzentrieren und nur 30% auf Strecken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Barbara Boczek
Stadträtin